Dieses Meisterwerk wird in meinem Augen nicht richtig wertgeschätzt.
Es hätte text- und musikalisch das Zeug, in der heutigen Zeit in den Charts zu bestehen.
Die enthaltene Mystik fasziniert mich immer wieder aufs Neue.

Ich habe heute in der Facebook-Gruppe Abbatalk die Instrumentalversion von The Visitors gefunden und finde diese wirklich faszinierend. Wie komplex die Aufnahme hier ist, hört man ganz deutlich raus. Irgendwie entdecke ich immer wieder Stellen, die ich vorher nicht so wahrgenommen habe, obwohl es eins meiner Lieblingslieder von Abba ist. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich die Version mit Fridas unglaublicher Stimme in meinem Leben schon gehört habe.

https://www.youtube.com/watch?v=Z5ClxwLV...nnel=AureyoBoss

Klingt total ungewohnt. Und obwohl ich ein Benny Fan bin, ohne die Stimmen von Agnetha und Frida wirkt das nicht einmal halb so toll. Aber als Instrumentalstück hätte er es wahrscheinlich auch anders angelegt.
Diese Instrumentalfassung gibt es ja von einer Unzahl ABBA Lieder.

Finde die Melodie auch klasse. Der Song lässt sehr viel Raum für Deutungen. Björn sagte, "Ich verrate nicht was ich mit dem Song ausdrücken möchte, jeder soll den Song für sich deuten". Der Song hätte sich gut als Single-A-Seite gemacht. Erschien glaube ich nur in den USA als Single-A-Seite.

Es wäre auch kein Hit geworden, glaube ich jedenfalls. Er war seiner Zeit ein wenig voraus.

Warum nicht? Kraftwerk und Visage waren damals mit ähnlicher Musik doch auch erfolgreich.

Als Ossi, muss ich ganz ehrlich sagen, war zur damaligen Zeit Kraftwerk für mich ohne jegliche Bedeutung. Die existierten eigentlich nicht, ihre Musik wurde, also in meiner Erinnerung, überhaupt nicht gespielt. Und gerade in der DDR war deutschsprachige Musik, wie soll ich das sagen - wir hatten davon mehr als genug. Wenn Musik aus dem Westen kam, von Schlager einmal abgesehen, dann doch bitte in Englisch. In meinem Umfeld war das wenigstens so.
Und Visage, das war ein One Hit Wonder für mich. Ich kenne nur einen einzigen, allerdings sehr erfolgreichen, Song von ihnen.

Was ich meine, für ABBA war das schon ein ganz schöner Bruch. Sicherlich haben sie sich in den 10 Jahren ihres Bestehens immer wieder gewandelt, aber The Visitors war schon ein extremer Wechsel. Mich hat es am Anfang total verschreckt, ich habe erst viel, viel später die Genialität des Songs verstanden, begriffen.

Ja, Mungolf, das war schon ein ziemlicher musikalischer Bruch im Vergleich zu den fröhlichen Liedern der früheren Alben. Da hast du Recht. Kraftwerk und Visage waren Sachen, die ich durch meinen großen Bruder kannte, wurden bei uns immer dann gehört, wenn meine Abba-Platten nicht gerade liefen. Wahrscheinlich auch deswegen mein Vergleich, denn ich seh ihr Ähnlichkeiten.
Mal was ganz anderes, wo du gerade DDR-Musik angesprochen hast: Durch dich und Wolf-Shine hab ich einiges kennengelernt und höre bei immer mehr Sachen rein, die mich teilweise sehr begeistern. Eine Schande, dass diese Musik nach der Wende so selten im Westen gespielt wurde und wir hier so wenig davon mitbekommen haben. Ich kannte hauptsächlich Karat. Die Texte waren bei den DDR-Künstlern oft deutlich besser als die Sachen, die bei uns in der Hitparade liefen (Sorry für den Themenwechsel).

Jetzt aber wieder zurück zu The Visitors. Damals war es auch ziemlich ungewöhnlich, dass zwei politische Songs (The Visitors und Soldiers) auf einem Album kamen, denn vorher hatten sich Abba ja immer aus politischen Sachen rausgehalten. Später kamen ja noch andere Sachen.... Auch das war durchaus mutig. Ich frag mich manchmal, ob sich damals aufgrund meines Alters die Sichtweise auf viele Sachen geändert hat (ich war 13, der Beginn der vielleicht noch nicht geendeten anstrengenden Phase) oder ob es an den Achtzigern und dem Zeitgeist lag. Auf einmal war alles cool oder zumindest ernst, man hat sich über das Wettrüsten Gedanken gemacht, die ersten Umweltdebatten kamen auf.... Jedenfalls war das für mich das Ende der unbeschwerten Kindheitsjahre....

Mich hat der Song damals gepackt, aber ich glaube, er hat auch ziemlich polarisiert.

Vll. interessant Morgen kommt im MDR die Sendung "Die Größten Hits des Ostens" 02.01.22. 20.15 Uhr(es ist glaube ich eine Wdh. von 2019).
Aber ich denke Mungolf, kann dazu mehr schreiben, denn er hat schließlich das Lebensgefühl des "Ostens" nach gespürt.
Sorry für off-topic...Zurück zu "The Visitors"(Song), ich brauchte echt lange, bis ich den Song für mich annahm so wie er ist.

Also zu Kraftwerk da sehe ich eigentlich keine Gemeinsamkeiten. The Visitors ist da doch deutlich "liedhafter", als die Songs von Kraftwerk. Die wirken, also auf mich, schon etwas abstrakter, härter rockiger (mir fallen keine besseren Worte ein). Deren Bedeutung ist mir erst weit nach der Wende bewusst geworden, auch wenn ich nicht wirklich viel mit dieser Musik anfangen kann.

Was die DDR Musik angeht, ja, die musste einfach verschwinden. Im Westen, jetzt einmal außer Karat, völlig unbekannt und im Osten hatte man sich zum größten Teil satt gehört daran. Man wollte die internationalen Hits und Bands hören und sehen, nicht mehr das, was man vorher zur genüge bekommen hat. Mich hat das damals auch nicht wirklich interessiert, heute bedaure ich es. Die Musik war deutlich besser, gerade im Bereich der Rockmusik, als das, was der Westen zu bieten hatte. Und es gab eine extrem große Vielfalt. Puhdys, Stern Meißen, City, Electra, Berluc, Karussell, Neumis Rock Circus, Rockhaus,Transit...Plus eine ganze Menge, die nur ein zwei Titel hatten.
Nach der Wende hatten die allerdings keine realistische Chance mehr. Keine Plattenfirmen, kaum Konzerte. Es gibt nicht viele Bands, die nach 1990 noch ein Album herausbringen konnten. Silly ist da wohl noch die Erfolgreichste. Bei allen anderen hat es im besten Fall noch für eine neue Platte gereicht.