The Visitors habe ich erst eine ganze nach erscheinen erhalten. Haben mir meine Eltern aus dem damaligen Westen mitgebracht.
Das Cover hat mich sofort beeindruckt, ohne das ich es damals wirklich verstanden habe. Sie standen bzw. saßen da so Einzeln vor diesem riesigen Bild und den vielen kleineren Bildchen. Dieses dunkle düstere Gesamtbild, dieses verlorene, einsame, traurige - mich hat das sofort angesprochen.Dann die Platte ausgepackt und...
Ich kannte damals nur One Of Us - für mich ein genialer Hit, den ich endlich nicht mehr nur als Mittschnitt auf Kassette hatte. Einfach nur ABBA.
Und dann lief da The Visitors - was für ein Mist. Wo ist da bloß ABBA? So verzerrt, so künstlich.
Head Over Heels - mhmm, na gut, aber brauchen tue ich das auch nicht.
When All Is Said And Done, gut, besser als das, was ich vorher gehört habe.
Soldiers - immer noch kein ABBA, aber das klingt doch schon ganz gut.
Platte umgedreht und die B-Seite angehört. Eigentlich kannte ich es nur so, damals war die A-Seite immer besser als die Zweite.
I Let The Music Speak - klingt auch irgendwie komisch, aber nicht schlecht. Der Begriff Musical war damals für mich ein Fremdwort.
Two For The Price Of One - der Teil mit dem Telefon war cool, aber sonst...
Slipping Through My Fingers klang ganz ordentlich, aber...
Like An Angel Passing Through My Room klang ein wenig monoton, dieses ticken.
Da war ich erst einmal ein richtig enttäuscht - es war mein Wunsch gewesen, was meine Eltern mir mitbringen sollten. Den hatte ich ganz schön verhauen.
Am nächsten Nachmittag, als ich dann allein war, habe ich es mir noch einmal angehört. Ich wollte es irgendwie erzwingen, es konnte nicht so schlecht sein. Schließlich hatte ich doch schon eine Menge Lieder von denen gehört und mitgeschnitten. Und die waren Alle gut. Aber auch da zündete nicht wirklich der Funke.
Ich habe dann in den nächsten Woche immer mal wieder mir die Platte angehört. Nicht täglich, aber im Abstand von ein paar Tagen.
Und irgendwann dachte ich mir, dieses When All Is Said And Done kliongt eigentlich richtig gut. Und dieses Soldiers auch. Slipping Through My Fingers hat auch etwas.
Und auch wenn es total fremd und komisch klingt, aber I Let The Music Speak faszinierte mich schon. Es wurde damals völlig unbemerkt mein Liebling auf diesem Album.
Heute finde ich das gesamte Album Spitze, auch wenn der Titelsong Jahre gebraucht hat, bis ich seine Klasse erkannt habe. Two For The Price Of One und Head Over Heels fallen ein wenig ab für mich, aber sonst absolute Klasse.
Heute ist das Album für mich die Vorstufe zu Bennys Meisterwerk Chess. Für mich der Punkt, wo ich sage, gut dass ABBA damals vorbei war. Chess hat mich darüber hinweggetröstet (zusammen mit Fridas I Know There`s Something Going On), auch wenn ich damals nicht wirklich wußte, wie lange die Pause dauern sollte. Das die Pause ja eigentlich der Schluß der ersten Phase von ABBA war, sozusagen The First Ten Years.

Interessant deine VISITORS Geschichte zu lesen.
Kann mir gut vorstellen wie du dich langsam eingehört hast.
Und die Scheibe immer besser wurde.
Ich fand sie natürlich sofort klasse, aaaber das Potential und die Genialität dieser Lieder der ging mir auch erst viel später auf.

Ja, es war wirklich ein ganz langsames hineinhören. Weil es so ganz anders war, als das, was ABBA vorher gemacht haben.
Super Trouper, davon war ich vom ersten hören an begeistert. Auch wenn sich da inzwischen meine Lieblingslieder deutlich verschoben haben. Waren es zu Beginn die Hits Super Trouper (der ist heute noch immer ganz oben dabei) und The Winner Takes It All, so sind es heute eher Andante, Andante und Our Last Summer.
Aber bei The Visitors, ja das war schon etwas speziell. Aber danach hat sich mein Musikgeschmack doch deutlich verschoben. Ganz langsam, aber stetig. Und wahrscheinlich war das Album daran Schuld. Es vermittelte so einen düsteren, trostlosen Eindruck - genau das, was mich so unwahrscheinlich beeindruckte. Und da stimme ich deinem letzten Satz OneOfUs voll und ganz zu - Potential und Genialität der Lieder wurde mir erst sehr viel später so richtig bewusst. Eine Zeit lang habe ich geglaubt, das Album war seiner Zeit zu weit voraus. Gerade der Titelsong und seine musikalische Umsetzung. Aber auch die Themen. Inzwischen kommt mir immer öfter der Gedanke, vielleicht muss man eine gewisse Reife, einige Lebenserfahrung gesammelt haben, um diese Art Musik wirklich verstehen zu können.
Ich glaube, diese Auseinandersetzung mit The Visitors lässt mich noch schneller das neue Album verstehen. Auch wenn ich es nicht jeden Tag höre - es wird immer besser. Jedes einzelne Lied, na gut, fast jedes Lied.

(Mit einen Tag Verspätung),40 Jahre "THE VISITORS"//30.11.81-30.11.21. Als Erinnerung eine alternativ Foto.